Vermutlich war es die Weltausstellung in Aichi, die den Wunsch wachgerufen hat, sich an deren Vorfahren (honke) zu erinnern, denn in der Umgebung des Geländes in Ôsaka, auf dem vor 35 Jahren die „Expo ’70“ (Ôsaka banpaku = Nihon bankokuhaku tenrankai) stattfand, ist der Teufel los. Was sehen die Menschen von heute in den Veranstaltungen und verschiedenen künstlerischen Werken, die sich mit dem erstaunlichen Fest (saiten) beschäftigen, das damals 64 Millionen Besucher anzog?
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„Zeitreise in die Shôwa-Zeit. Die Expo ’70 und ihr Zeitalter“ (taimusurippu Shôwaten. Expo ’70 to sono jidai) heißt die noch bis zum 9. 5. im Takashimaya-Kaufhaus in Shinjuku, Tôkyô, geöffnete Ausstellung, wo verschiedene Memorabilia wie Eintrittskarten zusammen mit offiziellen Führern oder die Uniformen der Hostessen zu sehen sind. Ausgerichtet wurde sie von Iijima Hiroya (?), 1970 17 Jahre alt, der als Absicht nannte, „die Zeit wiedererstehen zu lassen, in der es Japan gut ging (genki). Die Weltausstellung in Ôsaka ist ihr Symbol.“
„Zeitreise Glico zur Weltausstellung Ôsaka“ von Ezaki Glico [1] war schon binnen einer Woche nach dem Verkaufsstart in den Regionen Kinki und Chûbu im Februar ausverkauft. Selbst bei der PR-Abteilung hatte man damit nicht gerechnet. Der „Turm der Sonne“ (taiyô no tô) und der sowjetische Pavillon wurden als Figürchen (figyua) rekonstruiert. Ab dem 7. Juni wird es nun auch in Ostjapan verkauft werden.
Auch die Überreste des „Turms der Sonne“ im Weltausstellungs-Gedächtnis-Park (banpaku kinen kôen) in Suita selbst werden immer noch viel besucht. Als im letzten November bei Voranmeldung eine Begehung des Inneren ermöglicht wurde, machten davon bis März 2.000 Menschen Gebrauch.
Am 25. 5. bringt Geneon Entertainment die DVD-Fassung des offiziellen Dokumentarfilms „Expo ’70“ (Nihon bankokuhaku) heraus, der jetzt erstmals in digitalisierter Form vorliegt. Nach Art eines Katalogs werden in drei Stunden fast alle Pavillons vorgestellt.
Mori Yûki, der die DVD produziert hat, war damals neun Jahre als. Er habe, sagt er, „die Luft von damals nicht weiter bearbeitet, sondern einfach ganz und gar so, wie sie war, zusammengepackt“. Er stammt aus Kanagawa und war damals nicht in Ôsaka. „Beim Anblick des Films versteht man gut, daß es ein Fest war, bei dem an gewissen Orten zu gewissen Zeiten Phantome aufblühten.“
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Die Neubewertung der Weltausstellung in Ôsaka begann am Ende des letzten Jahrhunderts, als in verschiedenen Genres Werke, die sich ihrer Motive bedienten, Aufmerksamkeit auf sich zogen.
MINAMOTO KEIICHI, 1970 10 Jahre alt, gestaltete in seinem Zeichentrickfilm (anime) Crayon Shinchan: Arashi o yobu Moretsu! Otona no teikoku no gyakushû aus dem Bild des Festplatzes einen wunderbar nostalgischen Themenpark.
In dem seit 1999 in Fortsetzungen erscheinenden Manga „Junge des 20. Jahrhunderts“ (20 seiki shônen) von URAZAWA NAOKI, 1970 10 Jahre alt, wird in einer Szene, die im Jahr 2015 spielt, eine Weltausstellung eröffnet, die der von Ôsaka aufs Haar gleicht. Diese ist auch ein wichtiges Element des Romans „Zwielicht“ (Towairaito, 2002) von SHIGEMATSU KIYOSHI, 1970 7 Jahre alt,
Auch die Studie (des Filmkritikers, d. Ü.) SAWARAGI NOI, 1970 7 Jahre alt, mit dem Titel „Krieg und Weltausstellung“ (Sensô to banpaku, 2005) setzt diesen Trend fort.
Der Künstler (âtisuto) YANOBE KENJI, 1970 4 Jahre alt, veröffentlicht seit 1998 Werke, die die Weltausstellung zum Thema haben, darunter Atom Suit Project. Daß er in der Nähe des einstigen Festplatzes aufgewachsen ist, hat das Werk stark beeinflußt. „Durch die Beschreibung der damaligen Erwachsenen wollte ich mich nach Kräften um eine Schilderung der Zukunft für die Kinder (von heute) bemühen.“
Yanobe hatte zunächst für die Weltausstellung in Aichi ein 20 Meter hohes Roboter-Mammut bauen wollen, dann aber doch Abstand davon genommen. „Der ‚Turm der Sonne‘ war etwas ganz Unerhörtes (‚berabô na mono‘ ), an das die Weltausstellung in Aichi als Traum von der Zukunft nicht heranreicht.“
Der Roman „Mittwoch, drei Uhr früh“ (Suiyô no asa, gozen sanji, 2001) von HASUMI KEIICHI, 1970 10 Jahre alt, schilderte die tragische Liebe eines Karrierebeamten und einer Hosteß auf der Bühne der Weltausstellung in Ôsaka.
Hasumi stammt aus Akita und hat keine persönlichen Erinnerungen an die Weltausstellung. Er offenbarte kürzlich, er habe, als er als Erwachsener mit dem Taxi durch Ôsaka gefahren und der Turm der Sonne vor ihm aufgetaucht sei, das Gefühl gehabt, ein Symbol der Shôwa-Zeit vor Augen zu haben. „Er hat die Kraft, auch in demjenigen, der die Weltausstellung damals nicht besucht hat, verschiedene Erinnerungen hervorzurufen (iroiro na koto o omoidasaseru chikara).“
Hasumi hält es ferner für interessant, der Vorstellung von der „Weltausstellung“ ein weiteres Motiv, das der „Roten Armee Fraktion“ (sekigunha), begegnen zu lassen. „Auch als im Parlament erbittert über die Verlängerung des japanisch-amerikanischen Sicherheitsvertrags gestritten wurde, war das Kôrakuen-Stadion, wenn dort die Giants spielten, immer ausverkauft. Das darf man nicht vergessen, sonst wird die Geschichte einseitig.“
Die Erinnerung derer, die in den siebziger Jahren lebten, an die Weltausstellung ist, ob sie sie damals nun selbst besucht haben oder nicht und ob sie sie nun liebten oder hassten, in jedem Fall noch sehr lebendig.
Nach der Ansicht von Hasumi war es die „letzte Zeit, in der Japan noch eins mit sich war (Nihon ga mada hitotsu datta saigo no jidai). Für mich ist die damalige Begeisterung (netsuki) etwas sehr Nostalgisches und Wertvolles. Die Leidenschaft der Zeit, das ist es wohl, was Aichi fehlt.“
4. 5. 2005, S. 18 (Frank Böhling)
Anmerkungen