Im Jahr 2003 überstieg die Zahl der Chinesen, die zu einer Auslandsreise aufbrachen, 20 Millionen Menschen. Das berichtete ich in dieser Kolumne vergangenes Jahr im Juni. Dazu kommentierte ich ferner: „Aller Erfahrung nach ist die Zahl 20 Millionen in China ein kritischer Punkt.“ Bei Handelsgütern beispielweise erweitert sich der Markt explosionsartig, sobald sie erst einmal 20 Millionen Konsumenten erobert haben.
2004 nahm die Anzahl der Chinesen, die eine Auslandsreise antraten, im Vergleich zum Vorjahr sogar um 40 % zu und stieg damit auf 28,5 Millionen Menschen. Wie ich schon sagte, die Zahl ist wirklich explodiert.
Ein Land hat ganz schnell die Chancen erkannt, welche dieses erstaunliche Wachstum bedeutet: Es ist Deutschland, das am schnellsten in Europa chinesische Touristen empfing. Seit diesem Jahr versucht man nicht nur Touristengruppen, sondern auch individuell reisende Chinesen zu gewinnen. Dieser Schritt zielt, so heißt es, auf Touristen aus Beijing und Shanghai, da diese eher neue Wege gehen als Chinesen aus anderen Regionen. Man versucht die chinesischen Touristen, die bis dahin nur zwei bis drei Nächte in Deutschland verbrachten, vier bis fünf Nächte zu halten.
Dem gegenüber ist Japan spät an den Start gegangen. Nicht einmal die infrastrukturelle Basis für den Tourismus wurde bis jetzt hergerichtet. Man möchte die Anzahl der chinesischen Touristen vergrößern, aber fast sieht es aus, als wartete man lediglich, bis die Zahl sich von allein erhöht. Man unternimmt kaum etwas, um die Zufriedenheit der Gäste sicherzustellen.
Ein Beispiel: „Auf den Shinkansen-Fahrkarten stehen keine englischen Stationsnamen. Ich habe ständig auf diese Angelegenheit hingewiesen, aber ich kann keine Verbesserung sehen.“ So Kanô Kuni-o, Leiter der Gebiete Japan und Korea des staatlichen Reisebüros Hongkong.
Auch der Vorstand des Sekretariats der „Visit-Japan-Kampagne“ (bijitto japan kyanpên) bemerkte dies: „Es gibt viele Hotels in China, die NHK1 empfangen können, aber in Japan gibt es kaum Hotels, in denen ein Fernsehprogramm des chinesischen Rundfunks empfangen werden kann.“
In Japan gibt es mehrere Unternehmen, die chinesischsprachige Programme mittels Skyperfec-TV2 senden. Zhang Liling, der Direktor eines dieser Gesellschaften, Dafu, sagte auf Anfrage voller Begierde: „Auch wir wollen unbedingt an die Hotels verkaufen.“ Jetzt kann man nur noch hoffen, daß die Tourismusbranche tätig wird. Wenigstens beim chinesischen Fernsehempfang in Hotels und bei der englischen Beschriftung von Fahrkarten hoffe ich auf Umsetzung.
27. 2. 2005, S. 13 (Sabrina Anton, Freie Universität Berlin)